ImaHima in Focus magazine (German) (June 1, 2006)
Wie es zwischen Menschen funkt
Die Vorreiter der drahtlosen Gesellschaft orten, verabreden und vergnugen sich mit modernsten Mobiltechnologien
(an excerpt)
Die wahnsinnigen Ideen aus Helsinki haben Methode, dreht sich doch in der drahtlosen Gesellschaft alles um den Aufenthaltsort und die Eroberung des Raums. ?Wo bist du?” ist das Mantra der Mobilkommunikation: die meistgestellte Frage am Handy, die ?zur Definition des mobilen Zeitalters geworden ist”, so die britische Kulturwissenschaftlerin Sadie Plant. Wie schon heute Menschenmengen den urbanen Raum mit Hilfe ihrer Handys durchsurfen, als waren sie von einem geheimnisvollen Gruppengeist gesteuerte Bienenschwarme, schildert Plant in einer Studie fur den Handy-Hersteller Motorola. ?Protestler auf den Philippinen, deutsche Kernkraftgegner oder mexikanische Zapatisten nutzen SMS, um sich spontan zu organisieren”, berichtet Plant. ?Ahnliche Phanomene finden Sie bei Teenagern.” Drahtlose Technologien, weis Johannes Hummel, der sich an der Uni St. Gallen uber Online-Gemeinschaften habilitiert, seien ?besonders geeignet, um bestehende Gemeinschaften zu pflegen.”
Es muss aber langst nicht mehr SMS sein. Die 17-jahrige Jillian Scott im Stadtchen Genoa westlich von Chicago etwa beschaftigt sich zu Hause gern mit ihrem Cybiko-Taschencomputer. Nur, wenn ihr Cousin Taylor zum Spielen kommt, ist sie wundersamerweise immer unterwegs. Auch der kleine Taylor besitzt einen Cybiko, und der eingebaute Friendfinder kundigt seine unliebsame Ankunft ab etwa 100 Meter Distanz an. Das in den USA eine halbe Million Mal verkaufte Gerat, mit dem ein russischer Hersteller die jugendliche Kundschaft zur drahtlosen Gemeinschaft verknupft, nutzt die gleiche Funktechnik, die uns das schnurlose Haustenlefon beschert hat. Seine Besitzer konnen drahtlos chatten und uber Mamas PC E-Mails empfangen.
Wer aber einen Blick in die Zukunft der smarten, vernetzten Menschenschwarme werfen will, muss Tokio besuchen. Dort sitzt zum Beispiel der geburtige Inder Neeraj Jhanji in seinem Buro hoch uber dem Nobelviertel Ebisu und schaut ins Display eines i-mode-Handys – uber 30 Millionen Japaner haben dank dieses Dienstes eine permanente drahtlose Internet-Verbindung in der Tasche (S. 144). ?Mal sehen, wer in der Gegend heute Abend Zeit hat”, meint Jhanji, und nach ein paar Klicks erscheint eine Liste. Da ist zum Beispiel Yuki, 1,73 gros, 58 Kilo schwer, 20 Jahre alt, der zu einem Punk-Konzert will. ?Ich schicke ihm eine E-Mail”, sagt Jhanji, ?dass ich komme.” Jhanjis Service heist ?Imahima”, zu Deutsch etwa: ?Hast du gerade Zeit?” 500 000 Menschen sind dort registriert, um uber den Aufenthaltsort von Freunden auf dem Laufenden zu bleiben oder neue kennen zu lernen. Vor kurzem ist eine Schweizer Version gestartet. ?Deutschland”, so Jhanji, ?ist das nachste Ziel.”